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Eine Kurze Geschichte der Menschheit by Yuval Noah Harari (2011) (read in 2019)

Published by marco on

Disclaimer: these are notes I took while reading this book. They include citations I found interesting or enlightening or particularly well-written. In some cases, I’ve pointed out which of these applies to which citation; in others, I have not. Any benefit you gain from reading these notes is purely incidental to the purpose they serve of reminding me what I once read. Please see Wikipedia for a summary if I’ve failed to provide one sufficient for your purposes. If my notes serve to trigger an interest in this book, then I’m happy for you.

This book was originally written in Hebrew—I read the German translation. It’s about what the title says: “a short history of mankind”. The story starts hundreds of thousands of years ago, with Cro-Magnons and Neanderthals, discussing current theories for the diasporas of both and extinction of the latter. From there, we discuss the current theories about hunter-gatherer lifestyle and the “cognitive revolution” that led to the utter domination of other species by the physically weaker human being. Harari discusses the truly staggering degree to which humans wiped everything else of any significant size—anything that it didn’t later domesticate.

Viewed from this high vantage, humans really are a plague, preying on and twisting everything to their will, destroying whatever they cannot subsume.

After that, society transitions to agriculture. Harari points out that every massive change that mankind has accepted and applied to itself globally isn’t necessarily an improvement. With agriculture, people were working harder than ever to get a lower-quality life. Congruent with this shift was the beginning of the first elites among men. Though most had lives that were harder and more insecure and more boring—they were increasingly trapped on their lands and lost their nomadic lifestyle—than those of their hunger-gatherer ancestors, a select view lived spectacular lives. These would continue to shape culture and inclinations to ensure that they and their descendants would continue to benefit in this way. Morality didn’t enter into it.

Harari has a very western attitude toward humanity—at-times seeming to chastise other cultures for failing to fight back adequately against the more rapacious Europeans. Progress as defined by Europe is taken to be an inevitability—the other countries and peoples of the world are responsible for not having progressed as quickly or more quickly than Europeans. He often has the right facts at hand, but leaves the reader to come to his or her own conclusions. For example, he expresses puzzlement that the Chinese didn’t try to blow each other up with gunpowder-based weapons of war for centuries whereas the Europeans did so nearly immediately upon seeing the technology. He implicitly attributes this to westerners somehow being cleverer monkeys when a dearth of morality on their part would also explain the disparity.

The Europeans won because they were more rapacious and cruel and much more ready to consider their fellow humans as lower animals, to be used to satisfy their own abstract needs. Perhaps it was a higher ability to abstract away responsibility under multiple societal layers designed to absolve responsibility—this is a mechanism still heavily used today. Humans set up rules to their own benefit, then explain their overwhelming and grotesque riches as the natural workings of some higher power (i.e. “the market”). As Harari would say: these are fairy tales we tell ourselves and others to get what we want. That is, in Harari’s opinion, humanity’s main ability—that fictitious concepts become somehow more important than physical reality.

Harari is a good storyteller and summarizes many interesting facets of the sweep of history. However, he isn’t as opinionated as the facts he relates would require him to be. The result is that he looks either obtuse or biased. He shies away from judgment—and he’s too smart not to have noticed the natural conclusions to much of the information he cites. My gut feeling in some places was that he was hedging his bets so as to continue to be regarded favorably by the elites whose crimes he has partially documented. That is, he wants to sell his books and his presence, so he leaves the condemnation up to the reader.

Citations

I read this book on paper instead of on my Kindle, so my citations are more limited than usual, as I was only inclined to manually transcribe certain passages. I’ve left the passages in German rather than taking the time to translate them to English and about half of my notes are also in German, so YMMV even more than usual.

“Aber woher sollen wir wissen, was auf biologischen Tatsachen beruht und was auf bloßen Mythen? Eine gute Faustregel lautet: “Die Biologie erlaubt, die Kultur verbietet.” Die Biologie lässt eine große Bandbreite von Möglichkeiten zu. Die Kultur zwingt ihre Angehörigen dagegen, sich für eine kleine Auswahl dieser Möglichkeiten zu entscheiden.. Die Biologie gibt Frauen die Möglichkeit, Kinder zu bekommen – und die Kultur zwingt die Frauen dazu, diese Möglichkeit wahrzunehmen. Die Biologie gibt Männern und Frauen die Möglichkeit, Geschlechtsverkehr mit dem eigenen Geschlecht zu haben – und die Kultur verbietet ihnen, diese Möglichkeit wahrzunehmen.

“Die Kultur behauptet gern, sie verbiete “unnatürliche” Dinge. Aber aus biologischer Sicht ist nichts unnatürlich. Alles was möglich ist, ist definitionsgemäß auch natürlich. Eine unnatürliche Verhaltensweise, die den Gesetzen der Natur widerspricht, kann es gar nicht geben. weshalb es völlig sinnlos ist, sie verbieten zu wollen. Keine Kultur hat sich je die Mühe gemacht, Männern die Photosynthese oder Frauen die Fortbewegung mit Überlichtgeschwindigkeit zu verbieten.”

Page 184
“Nach der landwirtschaftlichen Revolution wurden die menschlichen Gesellschaften immer größer und komplexer, und die erfundenen Ordnungen, die diese Gesellschaften zusammenhielten, wurden immer raffinierter. Mythen und Märchen programmierten die Menschen darauf, fast von Geburt an auf eine bestimmte Weise zu denken und zu handeln, bestimmte Dinge zu wollen und bestimmte Regeln zu folgen. Damit schufen sie “künstliche Instinkte”, mit deren Hilfe Millionen von menschen effektiv zusammenarbeiten konnten. Dieses Netz der künstlichen Instinkte nennen wir “Kultur”.”
Page 201

“Ein interessanter Fall sind die Nationalgerichte. Wenn wir in ein italienisches Restaurant gehen, erwarten wir Spaghetti mit Tomatensoße, bei polnischen und irischen Restaurants denken wir spontan an Kartoffeln, in einem argentinischen Restaurant wollen wir saftige Rindersteaks essen, in indischen Restaurants freuen wir uns auf kräftig mit Chili gewürzte Currygerichte, und in einem Schweizer Café auf die heiße Schokolade. Aber der Kakao kommt ursprünglich genauso wenig aus der Schweiz wit die Tomaten aus Italien oder die Chilischoten aus Indien. Tomaten, Chili und Kakao stammen aus Mesoamerika und kamen erst im 16. Jahrhundert, nach der Eroberung des Aztekenreichs durch die Spanier, nach Europa und Asien.

“[…]

“Genauso kennen wir aus Hollywood-Filmen nordamerikanische Indianer al tapfere Reiter, die sich mutig den Planwagen der europäischen Pioniere Entgegenwerfen, um di Kultur ihrer Ahnen zu verteidigen. Doch diese Reiter waren keineswegs die Vertreter einer uralten, ursprünglichen Kultur. Sie waren vielmehr das Produkt einer gewaltigen militärischen und politischen Revolution, die im 17. und 18. Jahrhundert mit der Ankunft der europäischen Pferde über den Westen Nordamerikas hinwegfegte. Im Jahr 1492 gab es in ganz Amerika kein einziges Pferd. So attraktiv uns die Kultur der Sioux und Apachen des 19. Jahrhunderts erscheinen mag, sie war keine “ursprünglich” sondern eine sehr modernen Kultur, die unter der Einwirkung globaler Kräfte entstanden war.”

209

On the difficulties of having a barter-only economy:

“Um sich die Grenzen des Tauschhandels klarzumachen, stellen Sie sich vor, Sie wohnen in den Bergen und haben einen Garten mit Apfelbäumen, in dem die knackigsten, saftigsten Äpfel der ganzen Gegend wachsen. Von der vielen Arbeit in Ihrem Garten gehen irgendwann Ihre Schuhe kaputt. Also spannen Sie Ihren Esel vor Ihren Karren und fahren in den Marktflecken am Fluss. ihr Nachbar hat Ihnen erzählt, dass ihm der Schuhmacher auf der Südseite des Markts ein Paar Stiefel gemacht hat, die fünf Jahre lang gehalten haben. Diesen Schuster besuchen Sie nun und bieten ihm an, einige Ihrer Äpfel gegen ein Paar Schuhe zu tauschen.

“Der Schuhmacher zögert. Wi viel Äpfel soll er für ein Paar Schuhen nehmen? Jede Woche kommen Dutzende Kunden zu ihm, von denen einer einen Sack Äpfel, ein zweiter Weizen, ein dritter Ziegen und ein vierter Stoffe mitbringt, und zwar jeder in ganz unterschiedlicher Qualität. Dann hat er auch noch Kunden, die Bittschreiben an den König aufsetzen oder Rückenschmerzen kurieren können. Als ihm das letzte Mal jemand Äpfel geboten hat, hat er sich drei Säcke geben lassen. Oder waren se vier? Aber das waren ja auch die sauren Äpfel aus dem Tal gewesen. Andererseits hat er damals auch nur ein kleines Paar Frauenschuhe hergestellt, und Sie wollen ja robuste Stiefel. Dazu kommt, dass in den letzten Wochen eine Epidemie die Schafe in der Gegend dezimiert hat und Häute selten geworden sind. Die Gerber verlangen inzwischen doppelt so viele Paar fertige Schuhe für dieselbe Menge Leder. Sollte der Schuster das nicht irgendwie einkalkulieren?

“In einer Tauschwirtschaft müssen Sie under der Schuhmacher jeden Tag den relativen Wert von Duzenden Waren ermitteln. Wenn in Ihrer Stadt 100 Waren gehandelt werden, müssen Käufer und Verkäufer 4950 verschiede Wechselkurse kennen. Und wenn 1000 Waren gehandelt werden, wären dies schon 499 500 Wechselkurse! Wie sollen Sie da den Überblick bewahren?”

Page 216

On the global distribution of certain norms and rules:

“Heute gibt es fast 200 unabhängige Staaten, doch mit deren Souveränität ist es nicht mehr allzu weit her. Keiner dieser Staaten ist mehr in der Lage, eine eigenständige Wirtschaftspolitik zu gestalten oder nach Lust und Laune Kriege zu führen; nicht einmal ihre inneren Angelegenheiten können sie nach Gutdünken regeln. Die Nationalstaaten sind zunehmend der Spielball von Weltmärkten, Großkonzernen und internationalen Nichtregierungsorganisationen, side werden von der Weltöffentlichkeit mit Argusaugen beobachtet und unterstehen dem internationalen Rechtssystem. Sie müssen ihre Finanzgebaren, ihre Umweltpolitik und ihr Rechtssystem an internationalen Vorgaben ausrichten. Die Welt wird von mächtigen internationalen Kapital-, Arbeits- und Informationsströmen gestaltet, die sich zunehmend über nationale Grenzen und Meinungen hinwegsetzen.”
Page 252

On the false belief in an inevitability of history:

“Der einzige Gott, den die Römer lange Zeit nicht duldeten, war der monotheistische und missionierende Gott der Christen. Die Römer verlangten gar nicht, dass die Christen ihren Glauben aufgaben, sie erwarteten nur, dass sie die römischen Götter und die Göttlichkeit des Kaisers anerkannten. Erst als die Christen sich weigerten und keine Kompromisse eingehen wollten, verfolgten die Römer diese Minderheit, und auch nur, weil sie in ihr eine politische Bedrohung sahen. Doch selbst dann gingen sie eher halbherzig gegen die Rebellen vor. In den drei Jahrhunderten, die zwischen der Kreuzigung Jesu Christi und der Bekehrung von Kaiser Konstantin vergingen, befahlen die römischen Kaiser lediglich vier organisierte Christenverfolgungen. Hin und wieder führten zwar Provinzstatthalter und Gouverneure auf eigene Faust Pogrome durch. Doch wenn man sämtliche Opfer aller Christenverfolgungen zusammenrechnet, stellt man fest, dass die polytheistischen Römer in diesen drei Jahrhunderten lediglich einige Tausend Christen ermordeten. Zum Vergleich: In den kommenden anderthalb Jahrtausenden schlachteten sich die Christen gegenseitig zu Millionen ab, weil sie die Lehre der Nächstenliebe in einigen Detailfragen unterschiedlich interpretierten.”
Page 261

“Wenn eine Religion ein System von Werten und Normen ist, das sich auf eine übermenschliche Ordnung beruft, dann ist der Kommunismus genauso eine Religion wie der Islam.

“Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen dem islam und dem Kommunismus, denn der Islam ist der Ansicht, dass diese übermenschliche Ordnung von einem allmächtigen Gott geschaffen wurde, während der Kommunismus nicht an Götter glaubt. Aber auch der Buddhismus hält nicht allzu viel von Göttern und wird trotzdem gemeinhin al Religion bezeichnet. Wie die Buddhisten glaubten die Kommunisten, die Geschichte werde von einer übermenschlichen Ordnung von unumstößlichen Naturgesetzen gelenkt, aus denen sich wiederum Regeln für das menschliche Verhalten ableiten. Während die Buddhisten glauben, dass Siddhartha Gautama diese Gesetze entdeckt hatte, sehen Kommunisten Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir Illjitsch Lenin als ihre Religionsstifter.”

Page 278

“Als Kaiser Konstantin im Jahr 306 den Thron bestieg, war das Christentum nicht mehr als eine esoterische Sekte aus dem Nahen Osten. Die Vorstellung, dass sie kurz davor stand, das Römische Reich zu erobern, war genauso lachhaft wie der Gedanke, Hare Krishna könnte in fünfzig Jahren die Staatsreligion Europas werden. Im Oktober 1913 waren die russischen Bolschewiken eine unbedeutende Gruppe von Radikalen – niemand hätte sein Geld darauf gewettet, dass ein Volk aus der arabischen Wüste ein Imperium erobern würde, das vom Atlantik bis zum Indischen Ozean reichte. Wenn die Araber gleich zu Beginn ihres Siegeszugs von der Byzantinischen Armee gestoppt worden wären, dann wäre der Islam eine unbedeutende Fußnote der Geschichte geblieben, und die wenigen Experten, die von ihm gehört hatten, würden uns heute mit dem Brustton der Überzeugung erklären, warum aus den Offenbarungen eines Alternden Handelsreisenden aus Mekka niemals eine Weltreligion werden konnte.

“[…] Der Determinismus ist verführerisch, denn er vermittelt uns das Gefühl, dass unsere Welt und unsere Vorstellungen ein natürliches und unvermeidliches Produkt der Geschichte sind. Demnach gäbe es gar keine andere Möglichkeit, als die Welt in Nationalstaaten aufzuteilen, die Wirtschaft nach kapitalistischen Grundsätzen zu organisieren und an die Menschenrechte zu glauben. Wenn wir jedoch erkenne, dass die Geschichte nicht in vorgegebenen Bahnen verläuft, dann müssen wir uns eingestehen, dass Nationalismus, Kapitalismus und Menschenrechte nicht mehr sind als Zufallsprodukte.”

Page 292

On second-order chaotic systems (those that can’t be predicted because the prediction influences the working of the system):

“Stellen Sie sich vor, im Jahr 2010 erfindet ein genialer Politikwissenschaftler zusammen mit einem Informatiker ein unfehlbares Programm zur Vorhersage von Revolutionen und verkauft es dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Neugierig probiert der Präsident das neue Spielzeug aus und stellt erschrocken fest, dass es eine Revolution für das kommende Jahr vorausberechnet. Sofort senkt Mubarak die Steuern, verteilt Milliarden unter sein Volk und verstärkt für alle Fälle seine Geheimpolizei. So kommt und geht das Jahr 2011, ohne dass Demonstranten auf die Straße gehen. ärgerlich beschwert sich Mubarak bei den Entwicklern des Programms und verlangt sein Geld zurück. “Euer Programm hat sich verrechnet! Es hat mich Milliarden gekostet! Im Jahr 2011 gab es gar keine Revolution!”

“Worauf die Experten erwidern: “Wir haben Sie gerettet! Ohne uns säßen Sie heute im Gefängnis!”

““Propheten, die Dinge vorhersehen, die dann nicht eintreten?”, fragt Mubarak und winkt seine Wachen heran. “Von der Sorte hätte ich Dutzende auf dem Markt aufsammeln können, und zwar umsonst!””

Page 294
“Im Jahr 1500 lebten 500 Millionen Menschen auf unserem Planeten. Heute sind es 7 Milliarden. Im Jahr 1500 wurden auf der ganzen Welt Waren und Dienstleistungen im Wert von umgerechnet 250 Milliarden Dollar. produziert. Heute sind es knapp 60 Billionen Dollar. Im Jahr 1500 verbrauchte die Menschheit pro Tag 13 Billionen Kalorien Energie. Heute verbrauchen wir pro Tag 1500 Billionen Kalorien. (Lassen Sie diese Zahlen einmal auf sich wirken: 14 mal so viele Menschen produzieren 240 mal so viel und verbrauchen dabei 115 mal so viel Energie.)”
Page 301

On the religion of technology and the unshakable faith of the technocracy.

“Selbst die Wissenschaft greift immer wieder auf religiöse und ideologische Überzeugungen zurück, um ihre Forschung zu rechtfertigen und zu finanzieren.

“Trotzdem zeigt unsere moderne Kultur größere Bereitschaft als jede andere, ihre Unwissenheit anzuerkennen. Wenn die Moderne ihre gesellschaftliche Ordnung trotz der neuen Mode des Zweifels aufrechterhalten konnte, dann liegt das vor allem daran, dass eine fast religiöse Technologie- und Wissenschaftsgläubigkeit aufkam, die den Glauben an absolute Wahrheiten weitgehend verdrängt hat.”

Page 310
“Wir leben in einem Zeitalter der Technologie. Was für unsere Vorfahren politische, ethische und spirituelle Zwickmühlen waren, das behandeln wir zunehmend als technische Fragen. Mit ihren erstaunlichen erfolgen im Kampf gegen Blitzschlag, Armut und Tod hat uns die Wissenschaft zu begeisterten Fortschrittsgläubigen gemacht. Viele sind überzeugt, dass sie “zum Nutzen der Menschheit” arbeitet und wir ihr rückhaltlos vertrauen können. Lassen wir die Wissenschaftler nur ihre Arbeit machen, und sie werden das Paradies auf Erden schaffen, denken sie.”
Page 330

On how scientific advancement that benefitted Europeans was the kiss of death for everyone else. Cook’s faith in Dr. Lind’s cure for scurvy saved millions of western sailors’ lives—freeing them up to slaughter and yoke the other peoples of the planet.

“[…] Auf der gesamten Expedition starb kein einziger seiner Matrosen an Skorbut. In den folgenden Jahrzehnten machten es die Flotten der Welt Cook nach und retteten so das Leben von ungezählten Matrosen und Reisenden.

“[Cooks] Expedition legte den Grundstein für die britische Besetzung des Südwestpazifiks, die Eroberung Australiens, Tasmaniens und Neuseelands, die Besiedlung der neuen Kolonien durch Millionen von Europäern und die Auslöschung der einheimischen Kulturen und der meisten Ureinwohner.

“Im Jahrhundert nach Cooks Expedition nahmen europäische Siedler den Ureinwohnern Australiens und Neuseelands den größten Teil des fruchtbaren Landes ab. Die einheimische Bevölkerung brach um 90 Prozent ein, und die wenigen Überlebenden wurden von einem erbarmungslosen rassistischen System unterjocht. Für die australischen Aborigines und die neuseeländischen Maoris markierte die Cook-Expedition den Beginn einer Katastrophe, von der sie sich nie wieder völlig erholten.

“Noch schlimmer erging es den Ureinwohnern von Tasmanien. {…}”

Page
“Es ist nicht so, als hätte den Chinesen und Persern das technische Knowhow gefehlt – Dampfmaschinen ließen sich schließlich ganz einfach kaufen oder nachbauen. Was ihnen fehlte, waren die Werte und Mythen, der juristische Apparat und die gesellschaftlichen und politischen Strukturen, die im Westen über Jahrhunderte hinweg herangereift waren und sich nicht so einfach kopieren und verinnerlichen ließen. Frankreich und die Vereinigten Staaten konnten rasch in die Fußstapfen von Großbritannien treten, weil di Franzosen und Amerikaner viele Mythen und Gesellschaftsstrukturen mit den Briten gemeinsam hatten. Die Chinesen und Perser konnten nicht Schritt halten, weil sie ganz anders dachten und sich anders organisierten.”
Page 344

Oder vielleicht fehlt diese Kulturen die Impulse zu Erobern, Auslöschen und Unterjochung, die den Europäern so leicht gefallen ist. Vielleicht stunde die Ethik und Moralen im Weg. Vielleicht war’s einfach die Tatsache, dass das was die Europäer erfunden haben war gepaart mit dem was jedem Bully bewusst ist: die die nicht kämpfen wollen werden verlieren. Dem Westen aus dem Weg zu gehen ist nicht möglich, weil die nicht aufzuhalten sind, bis sie die ganze Welt aufgefressen haben. Nach Jahrhunderte der Unterwerfung haben die andere Länder endlich begriffen, dass man muss den Feind werden, um ihn zu besiegen. ist schade aber scheint so zu sein.

Die Erklärung von Harari wirkt sehr komisch, wenn man erinnert, dass diese obereffiziente Europäer haben die Welt nur leid verbreitet und sämtliche menschliche Bevölkerungen ausgelöscht und unterjocht (genau wie ihre Vorfahren die Grosssäugetiere entweder ausgelöscht oder unterjocht haben). Seine Sätze lassen sich lesen, als ob die Europäer auch durch eine moralische Linse betrachtet hätten gewinnen sollen—aus meiner Sicht stimmt das überhaupt nicht. Die haben gewonnen, weil ihre Rassismus und Brutalität überstieg alles andere was ihnen begegnet ist.

Dass die andere Kulturen sich “anders dachten und sich anders organisierten” ist heute noch so: die scheinen irgendwie noch einem Hauch Ethik zu befolgen. Hingegen findet das neue herrschende Land der Welt—Amerika—es muss keineswegs an solche Schwächlichkeiten überhaupt festhalten. Ganz im Gegenteil: ausgesprochene Ethiken haben nachdem sie über den lügnerischen Lippen gesabbert sind keine Bedeutung mehr. Obwohl die noch etliche Hinrichtungen durchführen (so wie auch Amerika), die Iraner scheinen an irgendwelche Werten noch festzuhalten, dass die immer wieder in die Verliererolle gegenüber Amerika führen.

“Von Beginn an waren die europäischen Entdeckungsfahrten immer auch Eroberungszüge, und umgekehrt. Das macht die Einmaligkeit des europäischen Imperialismus aus. Frühere Imperialisten nahmen an, dass sie die Welt bereits völlig verstanden. Bei der Eroberung nutzten sie lediglich ihre Sicht der Welt und verbreiteten sie. Die Araber eroberten Ägypten, Spanien oder Indien nicht, weil sie dort etwas entdecken wollten, das sie noch nicht kannten. Die Römer, Mongolen und Azteken verleibten sich gierig immer neue Völker und Stämme ein, um Macht und Reichtümer zu horten, aber nicht um Wissen zu finden. Europäische Imperialisten brachen dagegen in ferne Länder auf, um sich nicht nur neue Länder anzueignen, sondern auch neues Wissen.”
Page 347
“Nun kamen mehr und mehr spanische Soldaten und Siedler nach Mexiko, einige aus Kuba, andere direkt aus Spanien. Als die Einheimischen erkannten, was gespielt wurde, war es bereits zu spät. Hundert Jahre nach der Landung der Spanier in Veracruz war die Zahl der Ureinwohner um 90 Prozent eingebrochen. Die wenigen überlebenden Indios wurden von einem gierigen, rassistischen Regime versklavt, das die Unterdrückung durch die Azteken weit in den Schatten stellte.”
Page 361
“Ist das Ganze also ein riesiges Schneeballsystem und ein riesiger Schwindel? Wenn ja, dann ist die gesamte moderne Wirtschaft ein Schwindel. Aber Jahrhunderte des realen Wirtschaftswachstums lassen vermuten, dass es sich nicht um einen Betrug handelt, sondern um eine Meisterleistung der menschlichen Fantasie. Banken und damit die ganze Wirtschaft funktionieren nur, weil wir Vertrauen in die Zukunft haben. Der Wert unseres Geldes ist fast ausschließlich durch dieses Vertrauen gedeckt.”
Page 376
“Dieser Glaube an den immer größer werdenden Kuchen entwickelte eine gewaltige Sprengkraft. Im Jahr 1776 veröffentlichte der schottische Philosoph Adam Smith sein Buch Wohlstand der Nationen, das vielleicht wichtigste wirtschaftliche Manifest aller Zeiten. In den acht Kapiteln des ersten Bandes entwickelte Smith folgenden neuen Gedankengang: Wenn ein Landbesitzer, Weber oder Schuhmacher größere Gewinne erwirtschaftet, als er zum Unterhalt seiner Familie benötigt, dann nutzt er diesen Überschuss, um mehr Mitarbeiter zu beschäftigen und seine Gewinne weiter zu steigern. Je mehr Gewinne er erwirtschaftet, umso mehr Mitarbeiter beschäftigt er. Daraus folgt, dass die Gewinnsteigerung von Unternehmern die Grundlage für den kollektiven Wohlstand ist.”
Page 381

Hier habe ich meine Zweifel, dass Harari das Buch von Smith nicht nur oberflächlich gelesen hat. Ich hab’s auch nur zum Teil gelesen (etwa die Hälfte—zu meine Verteidigung, es ist öde Langweilig) aber mein Eindruck war, dass Smith weniger positiv über die Wirtschaftskurbel berichtete bzw. er hat die von Harari zitierten Sätze klar geschrieben, folgte die aber mit ziemlich heftige Dementierungen, die von Harari nicht zitiert waren. Smith ist hier als Paradebeispiel eines Liberalen Wirtschaftlers, war aber eher links eingestellt, um grossen und ganzen. Hier steht Harari nicht allein: die meiste Zitieren Smith falsch oder so gezielt, dass falsche Meinungen gebildet werden.

Später stellt Harari selber fragen, ob die oben zitierte Vision von Smith jemals so gelaufen ist.

“Mit Beginn der Neuzeit wurde der Adel von einer neuen Elite abgelöst, deren Angehörige wahre Gläubige der kapitalistischen Religion waren. Diese neue Elite bestand nicht aus Grafen und Baronen, sondern aus Aufsichtsratsvorsitzenden, Aktienhändlern und industriellen. Diese Magnaten sind reicher als der mittelalterliche Adel, aber anders als ihre verschwenderischen Vorgänger haben sie weniger Interesse daran, ihr Geld zur Schau zu stellen, und verprassen nun einen kleinen Teil ihrer Gewinne.”
Page 383

Schon wieder muss ich Harari bezweifeln. Es ist richtig, dass nouveau-riche so viel Geld besitzen, dass die es gar nicht verprassen könne—bzw. die Zinsen davon häufen sich so schnell an, dass das Geldhaufen wachst egal wie viel man ausgibt. Diese liegt sicher nicht, weil sie sich kein Mühe dabei geben.

“Doch in China, Indien und der Islamischen Welt spielten Kredit und Kapitalismus nur eine untergeordnete Rolle.

“[…]

“In Europa machten sich die Könige und Generäle dagegen das kaufmännische Denken zu eigen, bis die Händler und Bankiers schließlich selbst zur herrschenden Elite wurden. Die europäische Eroberung der Welt wurde immer mehr über Kredite und immer weniger über Steuern finanziert, und sie wurde zunehmend von Kapitalisten gelenkt, die vor allem daran interessiert waren, ihre Erträge zu maximieren.”

Page 386
“Als die VOC im Jahr 1603 erstmals nach Indonesien kam, verfolgte sie ausschließlich wirtschaftliche Interessen. Doch um diese zu sichern und die Gewinne ihrer Aktionäre zu maximieren, gingen die Händler der VOC bald gegen die Potentaten der Region vor, die überhöhte Zölle verlangten, und sie wehrten sich gegen ihre europäischen Konkurrenten. Die VOC rüstete ihre Handelsschiffe mit Kanonen aus, heuerte europäische, japanische, indische und indonesische Söldner on, errichtete, Festungen, gelagerte Städte und führte Kriege. So sehr und dies heute befremden mag, es war keine außergewöhnliche Idee.”
Page 393

Das nennt sich auf Englisch “Gunboat Diplomacy” … oder vielleicht “Gunboat Trade” in diesem Fall. Wir werden das heute ganz klar verstehen (im Gegensatz zur Meinung von Harari), weil die Westliche Länder heute genauso handeln wie damals. Es hat sich kaum etwas geändert. Wenn wir einen Grund finden—oder erfinden—können (so wie “überhöhte Zölle”, wird’s losgestürmt, mit moralische Begründung (die Fremden sind selber schuld, dass sie zu viel Geld verlangten und wohnen schliesslich auf von Gott gegebenen, westlichen Grund).

“Von ihrem Hauptquartier in der Leadenhall Street in London herrschte [die Britisch East India Company] mehr als ein Jahrhundert lang über ein gewaltiges indisches Reich und unterhielt ein Heer, das mit 350 000 Soldaten größer war als das der britischen Krone. erst im Jahr 1858 wurde Indien zusammen mit der Armee des Unternehmens “verstaatlicht”.”
Page 396

“In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdienten die Britische Ostindiengesellschaft und die Geschäftsleute der Insel ein Vermögen mit dem Verkauf von Drogen nach China. […] Ende der 1830er Jahre verbot die chinesische Regierung den Drogenhandel. Da die britischen Drogenhändler das Verbot einfach ignorierten, begannen die chinesischen Behörden damit, die Rauschmittel zu beschlagnahmen und zu vernichten.

“[…]

“Im Jahr 1840 erklärte Großbritannien China im Namen des “Freihandels” den Krieg. […] Im folgenden Friedensvertrag erklärten sich die Chinesen bereit, die Aktivitäten der britischen Drogenhändler nicht weiter zu behindern. Sie zahlten sogar noch Reparationen für den wirtschaftlichen Schaden, den die chinesische Polizei bei der Vernichtung der Drogen angerichtet hatte, und überließen den Briten Hongkong, das den Drogenhändlern fortan als sicherer Stützpunkt diente.”

“[…] Nach der Schlacht von Navarino waren die britischen Kapitalisten zunehmend bereit, in zweifelhafte Auslandsgeschäfte zu investieren. Wenn die Schuldner die Zahlung verweigerten, konnten side schließlich davon ausgehen, dass die britische Armee ihnen ihr Geld schon zurückholen würde.”
Page 399
“Doch die Zuckerrohrernte und die Zuckerherstellung sind extrem arbeitsintensiv. Niemand wollte freiwillig den ganzen Tag auf malariaverseuchten Feldern und unter der erbarmungslosen tropischen Sonne arbeiten. Wenn die Pflanzer Lohnarbeiter beschäftigt hätten, dann wäre der Preis exorbitant hoch geblieben und die Süßwarenindustrie hätte es vermutlich nie gegeben. Mit ihrem Marktgespür und ihrer Profitgier stellten die europäischen Plantagenbesitzer also auf Sklavenwirtschaft um.”
Page 403
“Der Sklavenhandel wurde nicht von Regierungen kontrolliert. Es handelte sich um eine rein wirtschaftliche Unternehmung, die auf dem freien Markt nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage organisiert und finanziert wurde. Private Sklavenhandelsunternehmen verkauften Aktien an den Börsen von Amsterdam, Paris und London. Wohlsituierte europäische Bürger, die eine retable Geldanlage suchten, kauften diese Aktien. Mit ihrem Geld erwarben die Sklavenhändler Schiffe, heuerten Matrosen und Soldaten an, kauften in Afrika Sklaven und transportierten sie nach Amerika. Dort verkauften sie diese an Plantagenbesitzer und mit dem Ertrag kauften sie Plantagenprodukte wie Zucker, Kakao, Kaffee, Tabak und Baumwolle Wieder in Europa, verkauften sie Zucker und Baumwolle zu einem guten Preis und segelten dann wieder nach Afrika, um das Spiel von vorn zu beginnen. Die Aktionäre warn zufrieden. Im 18. Jahrhundert erzielten Sklavenaktien eine jährliche Rendite von run 6 Prozent – das war ausgesprochen gut, wie ein moderner Anlageberater sofort zugeben würde.”
Page 403–404

“Ist die Moderne also eine Ära des Krieges und der Unterdrückung, symbolisiert durch die Schützengräben des Ersten Weltkriegs, den Atompilz über Hiroshima oder die hasserfüllten Gesichter von Hitler und Stalin? Oder ist es eine Ära des Friedens, symbolisiert durch die Schützengräben, die sich nie durch Südamerika zogen, die Atompilze, die nie über New York und Moskau schwebten und die friedlichen Gesichter von Mahatma Gandhi und Martin Luther king?

“Das kommt darauf an, von welchem Moment aus man diese Frage beantwortet. Wir müssen uns eingestehen, dass unsere Einschätzung der Vergangenheit immer durch die Ereignisse der zurückliegenden Jahre verzerrt wird. Wenn dieses Kapitel im Jahr 1945 oder 1962 geschrieben worden wäre, dann hätte es vermutlich einen sehr pessimistischen Ton angeschlagen. Da es im Jahr 2013 geschrieben wurde, sieht es die moderne Geschichte sehr viel optimistischer.”

Page 457

Natürlich kann die Geschichte viel rosiger betrachten, wenn man nicht nur “verzerrt”, sondern schlichtweg ausblendet. Es gab in Südamerika keine Schützengräben sondern einen Putsch nach dem anderen und Amerikanische Unterstützung für rechtsextreme Faschisten in fast alle Länder des Kontinents. Die Weltanschauung von Harati nimmt die letze 60 Jahren von westlichen Eingriffe und Angriffe gar nicht war. Er scheint zu glauben, dass die Geschichte der Menschheit nach dem zweiten Weltkrieg nur eine florierende Zukunft immer näher kommt. Der Neoliberalismus hat besiegt und schenkt und nur eine goldene Welt—natürlich nur für die wichtigste Menschen.

Harari scheint hier in seine Geschichte eine Lücke zu bauen, wodurch die amerikanische Kriegsmaschine von ihm unangetastet durchfahren kann. Wolle er zusichern, dass er Bücher in den Staaten verkaufen könnte?

Andererseits schreibt er Absätze wir der folgende:

“Und zweitens ist durchaus denkbar, dass diese kurze Glückssträhne die Saat für eine kommende Katastrophe gelegt hat. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir das ökologische Gleichgewicht des Planeten auf verschiedenste Weise gestört, und niemand kann die Konsequenzen absehen. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass wir gerade im Begriff sind, in einer Orgie des gedankenlosen Konsums die Grundlage unseres Wohlstands zu verprassen.”
Page 462
“Der Frankenstein-Mythos konfrontiert den Homo Sapiens damit, dass seine Tage bald gezählt sein werden. Wenn nicht ein Atomkrieg oder eine Umweltkatastrophe [beide sind immer mehr möglich. Bemerkung der Redaktion] dazwischenkommt, wird die rasante technologische Entwicklung bald dazu führen, dass der Homo sapiens von einem gänzlich anderen Wesen abgelöst wird, das nicht nur einen anderen Körper mitbringt, sondern in einer anderen kognitiven und emotionalen Welt lebt. […] Wir glauben gern, dass in Zukunft Menschen wie wir in Raumschiffen von einem Planeten zum anderen düsen. Wir denken nicht gern darüber nach, dass es in Zukunft keine Wesen mit unseren Emotionen oder Identitäten mehr geben könnte und dass fremde Lebensformen an unsere Stelle treten, die uns mit ihren Fähigkeiten weit in den Schatten stellen.”
Page 503

“Vor 70 000 Jahren war der Homo sapiens ein unbedeutendes Tier, das in einer abgelegenen Ecke Afrikas seinem Leben nachging. In den folgenden Jahrtausenden stieg es zum Herrscher des gesamten Planeten auf und wurde zum schrecken des Ökosystems. Heute steht es kurz davor, zum Gott zu werden und nicht nur die ewige Jugend zu gewinnen, sondern auch göttliche Macht über Leben und Tod.

“Leider hat die Herrschaft des Sapiens bislang wenig hinterlassen, aus das wir uneingeschränkt stolz sein könnten. Wir haben uns die Umwelt untertan gemacht, unsere Nahrungsproduktion gesteigert, Städte gebaut, Weltreiche gegründet und Handelsnetze errichtet. Aber haben wir das Leid in der Welt gelindert_ Wieder und wieder bedeuteten die massiven Machtzuwächse der Menschheit keine Verbesserung für die einzelnen Menschen und immenses Leid für andere Lebewesen.”

Page 507

Harari schwebt zwischen eine nüchterne Anerkennung von den vor der Menschheit stehenden Problemen und eine blinde Optimismus. Wir werden wohl kaum Götter werden—zumindest nicht mehr als eine kleine Bruchteil von der oberen Schicht.